Diplomarbeit von Andrè Neubert, HTW-Dresden (FH), Fachbereich Bauingenieurwesen/Architektur, Studiengang Bauingenieurwesen 
 Thema: "Entwicklung einer Softwarekonzeption als Lehrhilfe für symbolische Darstellungen auf dem Gebiet der Festigkeitslehre"

Eindimensionale Bauteile - Festigkeit

zzz
Haupt- und Vergleichsspannungen / Spannungshypothesen
 

Hauptspannung

Bauteile werden häufig durch Normalspannungen s und durch Schubspannungen t gleichzeitig beansprucht. Das ist z.B. bei biegebeanspruchten Trägern der Fall. Hierbei ist die Kenntnis der absolut größten Spannung oft wichtig. Bei Trägern und ähnlichen Bauteilen entstehen jedoch die größten Normalspannungen und Schubspannungen nicht immer an der selben Stelle. Dort, wo beispielsweise die Normalspannungen ihren größten Wert erreichen, sind die Schubspannungen gleich Null. 
Wenn eine Stelle eines Trägers gleichzeitig mit Normalspannungen s und Schubspannungen t ausgesetzt ist, stellt man sich ein kleines Teilchen an dieser Stelle herausgeschnitten vor. Es läßt sich für jedes Teilchen eine Schnittrichtung finden, für welche die Schubspannungen t zu Null werden und die Normalspannungen s ihren Größtwert erreichen oder umgedreht. Diese maximalen Normalspannungen bzw. Schubspannungen werden als Hauptspannungen bezeichnet. 
Das Teilchen wird also um einen Winkel a gedreht. Der Winkel a, für den beispielsweise die Schubspannungen gleich Null werden, läßt sich aus den vorhandenen Spannungen am herausgeschnittenen Teilchen berechnen. Um die Berechnungen vereinfachen zu können, unterscheidet man die sogenannten Spannungszustände nach den am Teilchen anliegenden Spannungen. Sind alle bekannten Spannungen vorhanden, also sx, sy, sz, txz=tzx, txy=tyx, tzy=tyz, spricht man vom dreiachsigen Spannungszustand, sind allerdings nur sx, sz, txz=tzx vorhanden spricht man vom zweiachsigen Spannungszustand und liegen nur sx, txz=tzx an, dann ist vom einachsigen Spannungszustand die Rede. An dieser Stelle sei noch erwähnt, daß an einem Träger durchaus an einer Stelle der Dreiachsige an anderer Stelle der Zweiachsige oder der einachsige Spannungszustand vorkommen kann. Dies führt in der Praxis zum Definieren von Störbereichen, in denen die Spannungsuntersuchung gesondert durchgeführt wird.  (Siehe [Applet 3])
 
 

Vergleichsspannungen

Die Formeln für die Vergleichsspannungen haben sich aus der Überlegung ergeben, wie bei einem mehrachsigen Spannungszustand die größten Normalspannungen ermittelt werden können. Für spröde Baustoffe (z.B. Spannbeton) wird damit das Tragverhalten recht genau erfaßt. Das Verhalten von Baustahl ist jedoch anders. Stahl ist ein zäh-plastischer Baustoff. Um diese Baustoffeigenschaften für die Nachweise genauer erfassen zu können, werden die Hauptspannungen unter Berücksichtigung der Bruchhypothesen ermittelt. Man kennt vier Bruchhypothesen: 

Hinweis: Die folgenden Relationen beziehen sich auf den zweiachsigen Spannungszustand. 
 

1.  Normalspannungshypothese
 Bruch tritt dann ein, wenn die größte vorhandene Normalspannung einen bestimmten Wert erreicht hat.

 Anwendung: Grauguß, Beton; Bruchfigur:Trennbruch.
 

2.  Dehnungshypothese
 Bruch tritt bei größter aufnehmbarer Dehnung ein.

 Anwendung: Veraltet; bei spröden Stoffen.
 

3.  Schubspannungshypothese
 Die größte vorhandene Tangentialspannung wird für den Bruch verantwortlich gemacht.

 Anwendung: Bei zähen Baustoffen, z.B. Stahl; Bruchfigur: Schiebungs- oder Gleitbruch - sicherer als 4. Hypothese.
 

4.  Gestaltänderungsenergie-Hypothese
     Als Bruchursache wird ein Teil der Formänderungsenergie, nämlich die Gestaltänderungsenergie angesetzt.

 Anwendung: Bei zähen Baustoffen, z.B. Stahl; Bruchfigur: Schiebungs- oder Gleitbruch.
 
 

 

 © 2001 Andrè Neubert  -  Version 1.00 vom 30.06.2001